Die folgenden Titel haben wir uns für Sie näher angeschaut:


Christinane Hoffmann: Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters. C.H. Beck, München 2022, 279 S., mit 12 Abbildungen und 1 Karte, 22,00 Euro. ISBN 978-3-406-78493-4

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann legt mit „Alles, was wir nicht erinnern“ eine Familiengeschichte vor, in dem sie sich mit dem Heimatverlust ihres Vaters auseinandersetzt. Das erzählende Sachbuch nimmt die Lesenden mit nach Rosenthal/Różanka, von wo aus wir die Autorin auf dem Fluchtweg ihres Vaters begleiten, den sie allein und zu Fuß im Jahr 2020 zurücklegte. Nachdem Christiane Hoffmann diesen Weg physisch nachempfunden hat, nähert sich auch schreibend dem Thema Flucht und Vertreibung an, das in ihrer wie in vielen anderen Familien mit wenigen Worten bedacht wurde. Der Erfolg des Buches unterstreicht, dass die Thematik des Heimatverlusts bewegt: Hoffmann, Jahrgang 1967, spricht in diesem Zug auch Fragestellungen im Bereich der transgenerationellen Transmission von Erinnerungen an, die mitunter einer der Gründe dafür sind, dass das Buch ein Bestseller ist.

Eine Lesung mit Christiane Hoffmann können Sie auf dem YouTube-Kanal des Dokumentationszentrums der Stiftung Flucht Vertreibung Versöhnung untere https://www.youtube.com/watch?v=sA_j7OAI1WI nacherleben.


Václav Smyčka: Das Gedächtnis der Vertreibung. Interkulturelle Perspektiven auf deutsche und tschechische Gegenwartsliteratur und Erinnerungskulturen. transcript Verlag, Bielefeld 2019, 258 S., 34,99 Euro., ISBN: 978-3-8376-4386-2

Václav Smyčka, der am Institut für tschechische Literatur der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik tätig ist, legt mit „Das Gedächtnis der Vertreibung“ eine Studie vor, die die deutsche und tschechische Gegenwartsliteratur und Kunst in einer interkulturellen Perspektive in Augenschein nimmt. Im Zentrum stehen die Fragen nach der Vermittlung von (Vertreibungs-)Erinnerungen zwischen den Generationen und die Frage nach der Übersetzbarkeit von Erinnerungskulturen. In drei Hauptkapitel gegliedert, leistet der Band mit einer Fülle an Beispielen einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem Erinnern und Vergessen im Hinblick auf ein kompliziertes Kapitel europäischer Zeitgeschichte.


Michael Hirschfeld, Franz-Reinhard Ruppert: Arbeitswanderer in Delmenhorst in der Epoche des Kaiserreichs 1871-1918. Böhmen – Eichsfeld – Oberschlesier – Galizier in einer nordwestdeutschen Industriestadt. Oldenburger Studien Band 92, Isensee Verlag, Oldenburg 2021, 35 Euro, 400 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-7308-1755-1.

Von Böhmen, dem Eichsfeld, Oberschlesien und Galizien nach Delmenhorst: Michael Hirschfeld und Franz-Reinhard Ruppert nehmen die Arbeitsmigration in den Jahren 1871-1918 in die Stadt, die sich im späten 19. Jahrhundert zu einem industriellen Zentrum entwickelte, in den Fokus. Der Band bietet einen Überblick über den Begriff der Arbeiterwanderung im Allgemeinen und bezieht diesen auf den Zielort Delmenhorst, dessen Entwicklung ebenfalls beleuchtet wird. Daran anschließend werden die einzelnen Herkunftsregionen beschrieben. Das Kapitel zur Arbeitsmigration mit Ausgangspunkt Oberschlesien widmet sich unter anderem Fragen der Sprache („Wasserpolnisch“) sowie des Glaubens („ausgeprägte weibliche Frömmigkeit“), aber auch den Geschlechterverhältnissen innerhalb der Gruppe der Oberschlesier. Abschließend widmet sich der Band der Integration der Neu-Delmenhorster und schließt mit einem Fazit über die Folgen der Zuwanderung.