Heinrich Laube
Hier entstand sein dreibändiger Prosaroman "Das junge Europa", sein literarisches Hauptwerk, in dem er den Übergang von liberalen Freiheitspathos zur Einsicht in die Notwendigkeit bürgerlich-gemäßigter Existenz gelangte. Als ernüchternde Erfahrung dienten ihm die Folgen des französischen Juli-Aufstands von 1830, die Niederlage des polnischen Novemberaufstandes von 1830/31 sowie die Ergebnisse der belgischen Erhebung von 1831. Nach ausgedehnten Reisen nach Paris, Algier, Wien und Leipzig wurde Laube 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, wo er Anschluß an das gemäßigte Zentrum fand und das Erbkaisertum befürwortete. Enttäuscht von der Erfolglosigkeit seines Eintretens, gab er seine politische und journalistische Tätigkeit endgültig auf und widmete sich intensiv dem Theater. Eine Denkschrift zur Reform des Burgtheaters in Wien brachte ihm von 1849 bis 1867 die Leitung dieses Theaters ein, das in dieser Zeit eine ungemeine Blüte erlebte. Die großen Schauspiele der Epoche gingen über seine Bühne, und Laube hatte hervorragende Schauspieler nach Wien geholt. 1869/70 wirkte Laube dann als Leiter des Leipziger Stadttheaters und 1871/79, mit kurzer Unterbrechung als Leiter des von ihm gegründeten Wiener Stadttheaters. Gleichzeitig war Laube als Verfasser zahlreicher Dramen tätig, insbesondere auf dem Gebiet des historischen Dramas. Bereits als Kind hatte Laube seine Liebe zum deutschen Theater entdeckt und fast alle Gastaufführungen in Sprottau gesehen: "ein paar Singspiele abgerechnet, hatte ich also gegen hundert Stücke, sicherlich das ganze damals gangbare deutsche Repertoire gesehen und behalten." In der Breslauer Studentenzeit verfaßte er viele Theaterrezensionen für die "Breslauer Zeitung", die lokalen "Freikugeln" und die "Aurora". Von Laubes zahlreichen Bühnenwerken haben einige bis heute noch Aktualität bewahrt.
Das bekannteste historische Drama Laubes und gleichzeitig Zeugnis seiner großen Schillerverehrung waren "Die Karlsschüler" (1846). Die Dramatisierung einer Episode aus Schillers Jugend verlangte eine Zuspitzung des Ge-schehens auf einen einzigen Tag, im Einklang mit den eingehaltenen drei klassischen Einheiten. Entgegen den historischen Tatsachen nämlich wurde die geheime Aufführung der "Räuber" im Januar 1782 in Mannheim und die neun Monate später erfolgte Flucht Schillers aus Stuttgart im Drama auf einen einzigen Tag zusammengelegt. Im Gespräch mit dem Herzog Karl Eugen verteidigt sich der unverstandene junge Schiller: "Die Welt meines Geistes gehört meinem Vaterland, meiner Nation." Im Lustspiel "Rokoko" (1846) dagegen führte Schiller eine vernichtende Kritik an der feudalen Hofgesellschaft in Frankreich zur Zeit der Herrschaft Ludwigs XI. durch. Im historischen Drama "Struensee" (1847) zeigt Laube einen deutschen Staatsmann am dänischen Königshofe, dessen Reformideen durch eine Hofintrige hintertrieben werden. Als formell bestes Stück Laubes gilt das Drama "Graf Essex" (1856); auch hier scheitert ein reformbewußter Hofmann zur Zeit der Herrschaft der englischen Königin Elisabeth I. an den Reaktionen neidischer Hofschranzen. Erwähnenswert wäre auch Laubes Neufassung eines "Demetrius" (1869). Auch in Laubes Prosawerken wird das Problem freiheitlicher Reformen mehrfach erörtert, besonders im Roman "Der deutsche Krieg" (1865 ff.). Hier schildert der Schriftsteller die verheerenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges für das deutsche Volk und warnt vor konfessionellen und kriegerischen Auseinandersetzungen. Seine frühen "Reise-novellen" (1834/37) zeichnen reformbedürftige Zustände aus vielen Ländern Europas. Kurz vor seinem Tode kehrte Laube in Gedanken in seine Heimatstadt Sprottau zurück, indem er ihr die Erzählung "Der Schatten Wilhelm" (1883) widmet. In dieser autobiographisch unterbauten Familiengeschichte verwundert die liebens-würdige und detaillierte Schilderung seiner Vaterstadt, die er fast 60 Jahre nicht mehr gesehen hatte. Dieses Werk brachte ihm viele Ehrungen ein: die Ehrenbürgerschaft Sprottaus bereits im selben Jahr, auch zahlreiche Bezug-nahmen auf seinen Namen in seiner Heimatstadt wie Laube-Brücke, Laube-Straße, Laube-Gedenkzimmer, Laube-Park und eine Laube-Gedenktafel an seinem Geburtshaus am Markt Nr. 19. Am 18. September 1895 wurde in Sprottau ein Laube-Denkmal errichtet, das aber im Jahre 1945 angeblich von der Roten Armee gesprengt wurde. Eugeniusz Klin
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